Mit dem Wartburg im Winter
Testfahrzeuge stehen der Redaktion selten länger als zwei Monate zur Verfügung. Entweder es ist Sommer oder Winter. Manche Pkw-Qualitäten - gute wie weniger vorteilhafte - bleiben dabei natürlich verborgen. Wie z. 8. sollte eine Wagenheizung bei Sommerhitze zeigen. was sie kann! Auch Fahrwerksqualitäten werden unter winterlichen Bedingungen oftmals schneller deutlich.
Im Automobilwerk Eisenach konnten wir Mitte Januar einen Wartburg 353 W neuester Fertigung für einen Wintertest abholen.
Mit FG 87-91, einer diagonalbereiften, caprigrünen Limousine mit Schiebedach und Knüppelschaltung, waren wir bis Ende März auf Achse, um den Eisenacher einmal speziell mit Winterbedingungen zu konfrontieren. Nässe gab's genug. Schnee und Frost hielten sich in Grenzen. Auf Extremes waren wir ohnehin nicht aus, sondern auf Typisches. Normales.
Diesen Grundsatz machten wir auch in anderer Hinsicht zur Basis unserer Fahrerprobung, wollten wir doch bei dieser Gelegenheit ermitteln, wie sich der tschechoslowakische Jikov Registervergaser auf den Kraftstoffverbrauch des Wartburg auswirkt. Und dabei interessierte uns jenes Ergebnis, das sich mit der vom Automobilwerk Eisenach bzw. der Vertragswerkstatt (1000-km-Garantiedurchsicht) vorgenommenen Zünd- und Vergasereinstellung erreichen ließ. Nur jene Einstellung wird - meinen wir - letztlich zu einer volkswirtschaftlich bedeutsamen Größe.
Kaltstart
Das hatten wir noch nie erlebt: Beim morgendlichen Kaltstart verblüffte der stets unter freiem Himmel abgestellte Wartburg einen viertaktgewohnten Fahrer immer wieder von neuem, denn Minusgrade schienen weder Anlasser noch Motor im geringsten zu lähmen. Kraftvoll und mit sonst ungewohnt hoher Drehzahl setzte der Starter ein. Auf Anhieb sprang der Motor ohne Ausnahme selbst bei minus 14°C an.
Solch spontaner Arbeitsbeginn des Eisenacher Zweitakters war bei Außentemperaturen in Gefrierpunktnähe nicht einmal davon abhängig, ob man vorher ein- oder zweimal des Gaspedal niedergetreten und damit über die Membranpumpe des Vergasers einen kleinen Strahl Kraftstoff ins Ansaugrohr (1. Stufe) eingespritzt hatte. Allein das Ziehen des Choke-Knopfes sicherte solchen Blitzstart trotz aus- gekühlten Motors.
Perfekt war die Überraschung, als wir feststellten, daß der Motor schon nach 30 Metern Fahrt ohne Choke-Unterstützung im Leerlauf lief kein anderer uns bekannter Pkw kann mit solch unkompliziertem Kaltstartverhalten aufwarten; denn auch zügiges Losfahren mit tiefgefrorenem Motor erforderte keinerlei Manipulationen mit dem Choke, wie wir des von anderen (Viertakt-)Pkw - ohne Ausnahme - kennen. Der Wartburg-Motor nimmt willig Gas an, baut ohne Luftloch jede Drehzahl auf, die man per Gaspedal abfordert, und entfaltet auch in der Warmfahrphase bereits sein forsches Zweitakt-Temperament.
Die Note "Ausgezeichnet" im Kaltstartverfahren hat der neue Jikov-Registervergaser SEDR 32 aber gewiß nicht allein verdient. Anteil daran hat wohl die gesamte überarbeitete Ansauganlage des
Wartburg-Motors (mit strömungsgünstigerem Abzweigtopf, geändertem Ansauggeräuschdämpfer, verbessertem Luftfiltereinsatz). Im Fahrbetrieb ist der neuen Saugrohrvorwärmung im Bereich des Flansches zwischen Vergaser und Zylinderblock mit Hilfe eines Kurzschlußkreislaufes (Motor- Kühlmittel) besonderer Einfluß zuzuschreiben.

Heizung
Auch der faszinierendste Kaltstart des Wartburg-Zweitakters konnte natürlich nicht vergessen lassen, daß es Winter war. Der Innenraum hatte über Nacht jedesmal fast seine Umgebungstemperatur angenommen. Frost im Auto - keine sonderlich einladende Feststellung! Da ist es schon etwas wert, wenn man sich auf Sitzbezügen niederlassen kann, die sofort wärmen wie die unseres Testwagens. Solche textile Bespannung der Sitze erweist sich sicher auf Dauer als weniger strapazierfähig im Vergleich mit Kunstlederbezügen, aber Stoff "atmet" und wird im Hochsommer wie eben auch im Winter als wesentlich angenehmer empfunden.
In Kauf nehmen muß der Wartburg-Besitzer allerdings, daß die Sitzbezüge relativ feiner Struktur im Sitzflächenbereich schon nach wenigen Wochen faltig werden. Ob das mit der Polsterung der Sitze zusammenhängt, konnten wir während der knappen Testzeit nicht herausfinden.
Wie warm wird's im Wartburg? Diese Frage interessiert im Wintereinsatz des Wagens logischerweise sehr. Mit einem Satz läßt sich darauf aber keine Antwort geben, denn wann und wie die Heizungswärme den gesamten Innenraum erfaßt, hängt von mehreren Faktoren ab. Wenn bei Frost (minus 10 bis minus 4°C) mit völlig ausgekühltem Motor und Innenraum losgefahren wurde, mußte unser Wartburg erst einmal ungefähr 2 Kilometer rollen (in unserem Falle max. 50 km/h), ehe der Zeiger des Fernthermometers begann, sich aus seiner Nullage zu bewegen. Nach 4 bis 6 Kilometern - je nach Grad des Frostes - signalisierte der Fernthermometer normale Kühlmitteltemperatur. Wenn jetzt die Heizung zugeschaltet wurde, ging die Kühlmitteltemperatur erst noch einmal deutlich zurück.
Zu gewinnen war in dieser Situation nur ein lauer Luftstrom, der sich dann aber zunehmend erwärmte. Das ging um so rascher, je mehr Leistung man dem Motor abverlangte. Unsere Bedingungen waren nicht ungünstig: Landstraßenfahrt mit einer möglichen Geschwindigkeit von 80 km/h und gelegentliche Überholvorgänge (Beschleunigungsphasen im 3. Gang).
Hier drei Beispiele, die die Entwicklung der Innentemperatur verdeutlichen, wobei teilweise mit Unterstützung des Gebläses (kleine Stute) geheizt wurde:

Innentemp
beim Start
nach
10 km
nach
15 km
nach
20 km
nach
30 km
+7 °C
Rücksitz-
fläche/Mitte
16 °C18 °C21 °C24 °C
-2 °C
Beifahrer
sitzfläche
8 °C12 °C15-16 °C23 °C
-7 °C
Rücksitz-
fläche/Mitte
4 °C8 °C13 °C17 °C
nejvyšší
rychlost (km/h)
50-8050-6050-6050-60
F-StraßeStadtverkehr


Die tabellarisch aufgeführten Beispiele zeigen natürlich nur Tendenzen, da sowohl Fahrbedingungen wie Heizungspraxis (Warmfahren des Motors ohne/mit zugeschalteter Heizung, mit oder ohne Gebläseunterstützung Stufe 1 oder 2) als auch die Zahl der Insassen Einfluß auf die Entwicklung der Innenraumtemperatur haben. Aufgefallen ist uns,
daß die Luftzirkulation im Wagen recht unterschiedliche Temperaturbereiche entstehen läßt Wenn in Kopfhöhe von Fahrer und Beifahrer schon 25 °C erreicht sind, hält sich die Temperatur in deren Sitzflächenbereich bei 18 °C, und im hinteren Fußraum sind's nicht mehr als 10 bis 12°C. Kein Wunder, wenn Fondpassagiere manchmal kalte Füße bekommen (bei unseren Messungen herrschten außen minus 4°C).
Verbessern läßt sich die Luftzirkulation nach unseren Erfahrungen dadurch, daß man eines der beiden Fondfenster 10 bis 15 mm weit öffnet. Das ist auch das wirksamste Rezept, Scheibenbeschlag bei naß-kaltem Wetter am schnellsten wegzubekommen. Das Beschlagen der Scheiben verstärkt sich noch, wenn In den ausgekühlten Wagen mehrere Personen einsteigen. Es kann lästig werden, wenn parallel zur langsam einsetzenden Heizleistung nicht auch für zusätzliche Belüftung gesorgt wird.
Das Schiebedach nutzten wir dafür nicht, weil sich das Öffnen und Schließen während der Fahrt nicht leichtgängig genug bewerkstelligen ließ.
Nach Testende erfuhren wir, daß sich das Werk mit der Verbesserung der Heizung und Luftführung befaßt.

Auch wenn wir den Wischergummi immer sorgsam säuberten, war das gewischte Feld nie ganz frei von Schlieren. Ob das am relativ harten Wischergummi lag? Übrigens: Weshalb schaltet der Wischerschalter (lntervall/ Dauerbetrieb) so unlogisch? Wir wünschten uns die Nullage ("Aus" in der Mitte, links davon die beiden Stufen für den Dauerbetrieb, rechts die Intervallstufen - oder umgekehrt. Jetzt muß man erst über die Dauerbetriebsstufen hinweg, um eine Intervallposition zu erreichen.
Lob der Heizscheibe
Ganz hervorragend bewährte sich unter allen winterlichen Witterungsbedingungen die heizbare Heckscheibe. Sie garantiert ohne Ausnahme immer eine tadellose Rücksicht über den Innenspiegel. Das ist vor allem ein Sicherheitsgewinn bei hoher Luftfeuchtigkeit, die gerade auch die Heckscheibe beschlagen ließe, schaltete man die Scheibenheizung nicht sofort nach dem Starten des Motors ein. Rund 60 Sekunden dauert es. ehe die Heizwirkung an einer dick bereiften oder vereisten Heckscheibe sichtbar wird. Zuerst macht aufkommende Wärme das Glas im Bereich der oberen fünf Heizdrähte frei, und zwar genau in Scheibenmitte. Gerade dieses obere Mittelfeld wird vor allem gebraucht, wenn per Innenspiegel zurückgeblickt werden soll.
Nach 3 Minuten ist ein freier Durchblick möglich, nach 5 Minuten sind die oberen 40 Prozent der Scheibe in jenem Mittelbereich völlig frei.
War die Heckscheibe beim Start weniger dick zugefroren, geht das alles natürlich noch schneller.

Blick in Richtung des neuen Vergasers mit überarbeitetem, Phon-Ex-beschichtetem Abzweigtopf. Der Vergaser ist innenbelüftet (Schwimmergehäuse). Bei verschmutztem Papierfilter (Lebensdauer des neuen Filters jetzt bis zu 40.000 km!) sinkt die Motorleistung. Luftmangel wird nicht mehr unbemerkt mit mehr Kraftstoff ausgeglichen.
Die von uns ermittelten "Auftauzeiten" machen die Wirksamkeit der 12 Drähte deutlich. Warten kann man natürlich nicht, bis die Scheibe ausreichend durchsichtig ist, denn längerer Motorleerlauf Im Stand ist ebenso unzulässig (Umweltschutz!) wie die Praxis, erst einmal mit vereister Scheibe (und fehlender Rücksicht) loszufahren. Ohne Eiskratzer kommt man auch bei einem Wagen mit Heckscheibenheizung nicht aus. Das große Plus der Heizung liegt dann, 1aß sie die Scheibe unterwegs garantiert innen und außen beschlagfrei hält.
Man wünschte sich, das Heizungs- bzw. Frischluftgebläse des Wartburg schaffte Vergleichbares bei der Frontscheibe, die unmittelbar nach dem Start vor allem bei neblig-trübem oder naßkaltem Wetter, sehr zum Beschlagen neigt. Besonders hinderlich wird das, wenn Dunkelheit. Scheinwerferlicht Entgegenkommender oder blendende Straßenbeleuchtung die Sicht ohnehin erschweren. Auch die Gebläsestufe II (die leiser bleibt als volltourig laufende Zusatzgebläse vieler anderer Pkw) schafft es nicht schnell genug, die Scheibe zu trocknen und damit einwandfreien Durchblick zu sichern. Die Defrosterdüsen haben beim Wartburg zwar über die ganze Frontscheibenbreite verteilte Öffnungen, der Gesamt-Luftdurchsatz ist jedoch relativ gering. Bei manch anderem Pkw

Wohltat bei Winterfahrten: die heizbare Heckscheibe. Sie hält die Rücksicht über den lnnenspiegel bei allen Wetterlagen frei. (Leider läßt sich der Innenepiegel nicht abblenden. Das Scheinwerferlicht des Nachfolgeverkehrs macht ziemlich zu schaffen).
"faucht" das Elektrogebläse die Frontscheibe regelrecht an, wenn alle Luft nur in Richtung Frontscheibe geschickt wird, und da gibt's dann auch spontan Sichtverbesserung.
Daß sich die beim Wartburg in Richtung Frontscheibe geförderte Warmluft offensichtlich irgendwie verirrt, fühlt man unterm Armaturenbrett in Tachometernähe deutlich. Den Tachometer heizt es regelrecht auf. (Der Ausfall des Gesamt-Zählwerks unseres Testwagens bei Kilometerstand 1.630 kommt aber sicher nicht auf des Wärmekonto.)
Um die Frontscheibe völlig beschlagfrei zu bekommen, mußten wir nach Kaltstarts 3 bis 10 km (je nach Luftfeuchtigkeit und Außentemperatur) flott fahren und alle verfügbare Heizluft in Richtung Frontscheibe leiten. Manchmal hatten wir dabei den Eindruck, daß ins Heizungssystem geratene Feuchtigkeit den Erfolg verzögerte.
Ein Wort zu den Hebeln, mit denen für Frisch- oder Heizluftzufuhr und deren stufenlose Verteilung in Richtung Fußraum oder Scheiben (eingeschlossen vordere Seitenscheiben) gesorgt werden kann. Sie liegen in engem Bereich zusammen. Das ist an sich griffgünstig. Da der Fahrer die Hebel aber mehr fühlend als sehend erfaßt (sie liegen unter dem Armaturenbrett). muß er sich jedes Mal von neuem tastend orientieren, wie die einzelnen Hebelpositionen im Augenblick sind. Könnte der Fahrer das aus seiner Sitzposition mit einem flüchtigen Blick erfassen, ginge die Orientierung rascher und einfacher.

Nahaufnahme einer typischen Wintererscheinung: Schwitzwasser hinter dem Blinkergehäuse, Ausgangspunkt fürs Festkorrodieren des Lampensockets, wenn man nicht darauf achtet. Allerdings auch bei anderen Pkw zu entdecken.
Diagonal bereift im Schnee
Über die Fahreigenschaften des Wartburg und seine Fahrwerkskonzeption haben wir im Testbericht über den 353W, den wir in Heft 11/81 veröffentlichten, ausführlich geschrieben. Vom damals gezollten Lob machen wir nach unseren Winterfahrten mit dem Wartburg erst recht keine Abstriche. Diesmal war der Eisenacher diagonalbereift (Pneumant 6.00 - 13). Diagonalreifen unterdrücken auch kurze Fahrbahnstöße recht angenehm. Das dient dem Fahrkomfort. Rollgeräusche dringen so gut wie gar nicht ans Fahrerohr - von leisem Summen auf (nassem) Asphalt abgesehen.
Wohltuend war Immer wieder, wie gedämpft die Fahr- und Karosseriegeräusche vor allem auf Pflasterstraßen aller Qualitäten blieben.
Alles Gute ist gewöhnlich nicht beisammen, und so hat auch ein diagonal bereifter Wartburg spezielle Fahreigenschaften, denen man Rechnung tragen muß. Längskanten (Fugen von Fahrbahnplatten, Schienen, Pflasterkanten) sind zu spüren. Der Diagonalreifen scheint erst kurz zu drängeln, ehe er solche Kanten überrollt. Diagonalreifen geben den durch Haftreibung gewonnenen Fahrbahnkontakt in Grenzsituationen verhältnismäßig früh, dafür aber allmählich auf. Manchem Fahrer ist solche Frühwarnung gar nicht unsympatisch.
Bei kritischem Fahrbahnzustand, wie er im Winter an der Tagesordnung ist, erinnern Diagonalreifen öfter einmal mit einem kleinen Schlenker daran, das Temperament zu zügeln. Wintertüchtigkeit erwies sich unser diagonalbereifter Testwagen durchaus. Ohne Frage haben die grundsätzlichen Wartburg-Fahrwerksqualitäten, insbesondere sein Frontantrieb und die Schräglenker-Hinterachse, an der Fahrsicherheit auf winterlichen Straßen den entscheidenden Anteil.
Vor zu schwungvollem "Hineindrehenlassen" des Wartburg in enge Kurven mit wenig griffigem Belag (Schmiere, Glätte!) sei allerdings gewarnt, denn das drängt das Wagenheck doch recht deutlich in Richtung des äußeren Kurvenrandes. - Vorstufe zum seitlichen Wegrutschen der Hinterräder.

An Antennenfuß und Antennenstab entstehen Luftwirbel, die ab Tempo 60 nicht nur für Geräusche sorgen, sondern die auch die Seitenscheibe strahlenförmig beschmutzen und den Blick In den Außenspiegel bei Schlechtwetterfahrt erschweren.
Freilauf -Plus
Überholt sind unserer Meinung nach althergebrachte Empfehlungen zum Sperren des Freilaufes bei Schnee- und Eisglätte, vor allem bei Bergabfahrt. Abgesehen davon, daß auch ein dreizylindriger Zweitakter nur wenig bremst, wenn man das Gas wegnimmt, liebt der Wartburgmotor den Schubbetrieb mit Leerlaufgas, aber höheren Drehzahlen, offensichtlich nicht. Schon bei 60 km/h mit eingelegtem 4. Gang oder bei 40 km/h im 3. Gang reagiert er auf die Freilautsperre mit spürbarem Stoßen und Rukken. Wir kuppelten dann automatisch aus, weil der beeinträchtigte Rundlauf einfach störte. Sicherer fühlten wir uns bei glatter Fahrbahn, wenn wir - wie sonst auch - den Wagen mit Freilauf fuhren und gefühlvoll aufs Bremspedal treten (notfalls in Intervallen). Obgleich die ohne Unterdruck-Verstärkung arbeitenden Wartburgbremsen einen verhältnismäßig kräftigen Pedaldruck zum Ansprechen brauchen (der aber die ECE-Forderungen noch voll erfüllt), erlauben sie doch ein sehr situationsgerechtes Dosieren der Bremskraft - Voraussetzung dafür, daß das Blockieren der Räder gerade auch auf glatter Fahrbahn vermieden werden kann. Bei blockierten Vorderrädern hört ja die Lenkbarkeit des Wagens auf.
Schneeketten haben wir nicht verwendet. Mit extremen Schneemengen wurden wir im vergangenen Winter nicht konfrontiert. Feststellen konnten wir, daß sich an Steigungen bei schneeglatter, stellenweise schon leicht vereister Fahrbahn mit dem 1. Gang anfahren ließ, sofern das Einkuppeln mit viel Gefühl, aber nur mit ganz wenig Gas erfolgte. Das klappt jedoch nur, wenn sich Steigung und Wagenbelastung In Grenzen hatten. (Ab 15 km/h kann man übrigens durchaus schon In den 2. Gang schalten, notfalls sogar im 2. Gang anfahren.)
Mit viel Drehzahl läßt sich bei Anfahrschwierigkeiten wegen rutschender Antriebsräder überhaupt nichts erreichen. Wo viel Kraft gebraucht wird, die Frontantriebswagen wegen der dynamischen Entlastung der Vorderräder schlechter übertragen lassen, ist größere Radlast oder das Auflegen von Schneeketten nötig.

Dank des robusten Fahrwerks mit seiner Einzelradaufhängung, auch hinten, und des enormen Schluckvermögens der Schraubenfederung sind leichte Geländetücken auch mit Schwung zu nehmen. Das verringert das Risiko, sich im Schnee festzufahren.
Vergaser-Effekt
Unser vorletzter Test-Wartburg hatte noch den BVF-Fallstromvergaser (40 F2-11). Da jener Wagen bei sommerlichen Temperaturen, unser mit dem Jikov-Registervergaser ausgerüstete Wartburg aber im Winter eingesetzt wer, sind vergleichende Rückschlüsse in Sachen Kraftstoffverbrauch kaum möglich. Bei mehreren Messungen mit dem Motex-Meßgerät ermittelten wir die Tabellenwerte für typische Fahrbedingungen (die Außentemperaturen lagen stets Im Minusbereich):

Stadtverkehr
(teilweise Grüne Welle)
9,6 - 10,7 l/100 km
Fernverkehrsstraßen
(flüssig, ohne Ortsdurchfahrt, 4. Gang)
8,0 - 8,2 l/100 km
Fernverkehrsstraßen
(Überholvorgänge im 3. Gang)
8,6 l/100 km
Fernverkehrsstraßen
(max. Beschleunigung, sehr viele Überholvorgänge)
10,4 l/100 km
Autobahn
- konstant Tempo 100
- Tempo 120
(auf unserer Teststrecke)

9 l/100 km
11,8 l/100 km

Gleichmäßiges zurückhaltendes Tempo im 4. Gang hat deutlichen Einfluß auf den Verbrauch auf einer 100-km-Distanz. Wer konstant Tempo 50 hielte, käme tatsächlich mit 6,71/100 km aus, wie wir feststellten!

Vor der Meßfahrt - das MOTEX-Gerät ist angeschlossen, mit dem wir die im Beitrag genannten Verbrauchswerte ermittelten.
Der Blick in den Vergaser bei abgenommenem Abzweigtopf macht deutlich: Ein nervöser Gas- fuß kann Kraftstoff vergeuden, denn immer wenn das Gaspedal zurückgenommen und dann erneut getreten wird (Bewegungsspiel von Millimetern genügt!), spritzt die Beschleunigerpumpe zusätzlich Kraftstoff ins Saugrohr der 1. Stufe (siehe Kaltstart).
War Feingefühl in der rechten Fußspitze hat, bemerkt den Druckpunkt auf dem Weg des Gaspedals - Signal für den Öffnungsbeginn der 2. Drosselklappe (die 1. Drosselklappe ist dann zur Hälfte geöffnet). Durchtreten des Gaspedals über diesen Punkt hinaus läßt den Verbrauch gewissermaßen zweistufig anwachsen. Bei Dauersprintern wird der Kraftstoffverbrauch wohl immer zweistellig ausfallen.
Sowohl dem Temperaturhaushalt als auch der Geräuschdämpfung dienlich wäre unserer Meinung nach der Einsatz eines Elektrolüfters beim Wartburg. Welchen Sinn hat der Dauerlauf des vierflügligen Plastlüfters auf der Wasserpumpenwelle (der zudem - unabgedeckt - bei Arbeiten am Vergaser eine Unfallquelle Ist)? Seine Arbeit wird doch keinesfalls gebraucht, solange der Motor die normale Betriebswärme nicht erreicht hat bzw. sie nicht überschreitet. Auch Lüfterarbeit ist nicht gratis! Außerdem sorgt sie für eine zusätzliche (Dauer-) geräuschquelle. (Warum die Wartburgmotorhaube noch immer nackter blecherner Resonanzboden für alle Triebwerksgeräusche sein muß, können wir uns nicht erklären. Eine Motorhauben-Dämmatte hielten wir für nützlicher als die als Sonderaustattung erhältliche Kofferraumauskleidung. Aber das ist sicher Ansichtssache).
5000 Testkilometer hat auch dieser Wartburg wieder ohne jede Störung hinter sich gebracht. Zuverlässigkeit und sicheres Fahrverhalten blieben unter Winterbedingungen nicht auf der Strecke.
Überraschen freilich konnte uns das nicht. Vom Wartburg hatten wir's erwartet.
Wolfram Riedel
Der Vergaser unterscheidet sich von der Ausführung beim Skoda durch die mechanische anstelle der pneumatischen Steuerung der zweiten Drosselklappe. Im rechten Saugrohr (1. Stufe) ist das Einspritzröhrchen der Beschleunigerpumpe zu sehen.




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